Feline Infektiöse Peritonitis (FIP)
Die Feline Infektiöse Peritonitis (FIP), die im deutschen Sprachgebrauch als ansteckende Bauchfellentzündung bezeichnet wird, ist eine virale Infektionskrankheit bei Katzen, die durch Mutation feliner Coronaviren verursacht wird. Sie gilt als eine der bedeutendsten infektiösen Todesursachen bei der Katze (Mayr 2006). Am häufigsten erkranken junge Katzen im Alter zwischen sechs Monaten und zwei Jahren oder ältere Tiere ab 14 Jahren. Die FIP-Viren weisen identische Strukturen wie die wenig virulenten felinen Coronaviren (FCoV) auf.
Pathogenese
Die Infektion mit FCo-Viren findet in der Regel in den ersten Lebenswochen über persistent infizierte Tiere statt oder aber sie erfolgt ausnahmsweise noch vor der Geburt. Auf einen Reiz (z. B. Stress) hin, kann das Virus mutieren und schließlich das Krankheitsbild der FIP hervorrufen (Mayr 2006). Besonders gefährdet sind Katzen, die außerdem mit dem Virus der Felinen Leukose (FeLV) infiziert sind (Kipar et al 2006). Eine direkte Übertragung des FIP-Virus von Katze zu Katze ist dagegen nur von untergeordneter Bedeutung.
Symptome
Bei gesunden Katzen, die über eine ausgeprägte zelluläre Immunität verfügen, scheint die Mutation der Corona-Viren zu FIP-Viren verhindert werden zu können (Mayr 2006). Die Coronavirus-Infektion mit den meist avirulenten Stämmen verläuft in der Regel ohne Krankheitserscheinungen oder geht nur mit leichten Durchfällen und Schnupfensymptomen einher. Kommt es jedoch durch Mutationen zur Entstehung eines virulenten FIP-Virus, wird es mit dem Blut in alle inneren Organe transportiert. Die FIP äußert sich dann in einem ersten Stadium oft in Form von Fieber, Appetitmangel, Müdigkeit und leichten Atembeschwerden. Nach Abklingen der Symptome kann es unterschiedliche Zeit später zum zweiten Stadium der Erkrankung kommen. Hierbei wird zwischen einer feuchten (exsudativen) und einer trockenen Form der FIP unterschieden (Kipar et al 2006). Für die exsudative Form der FIP ist eine Bauchwassersucht typisch, die mit einer fortschreitenden Abmagerung und einem gleichzeitig dicken, flüssigkeitsgefüllten Baucheinhergeht.
Ursache ist eine fibrinöse Entzündung der serösen Häute. Auch in der Brusthöhle können solche Flüssigkeitsansammlungen auftreten. Weiterhin können Blutarmut und Gelbsucht, Neutrophilie und Lymphopenie auftreten (Kipar et al 2006).
Bei der trockenen Form der FIP kommt es zu einer Entzündung der inneren Organe (Leber, Niere, Milz usw.) mit Fieberschüben und teilweise Atembeschwerden. Weil hier die typischen Flüssigkeitsansammlungen fehlen, ist die Diagnose wesentlich schwieriger als bei der feuchten Form. Beide Formen können auch ineinander übergehen.
Prophylaxe
Impfstoffe stehen seit 1995 zur Verfügung, ihre Wirksamkeit wird jedoch bis heute angezweifelt, insbesondere dann, wenn die Tiere zum Zeitpunkt der Impfung bereits mit FCoV infiziert sind (Kipar et al 2006). Dies ist bei vielen Tieren zum Zeitpunkt der Erstimpfung mit 16 Wochen der Fall. Mit Hilfe des sog. “FIP-Tests”, bei dem der Katze eine kleine Menge Blut abgenommen wird, kann vor der Impfung untersucht werden, ob die Katze schon einmal Kontakt zu Coronaviren hatte. Ein hoher Antikörper-Titer lässt jedoch keine spezifische Aussage über eine FIP-Infektion zu. Es kann nicht unterschieden werden, ob sich die Antikörper gegen das FIP-hervorrufende Virus oder aber „nur“ gegen die wenig virulenten FCoV richten.
Da es bei jeder Virusreplikation zu Kopierfehlern im Genom kommt, kann prinzipiell aus jedem Coronavirus eine pathogene Variante entstehen. Daher zählt zu den wichtigsten Faktoren für die Entstehung einer FIP, neben dem Immunstatus der Katze, das Zusammenleben vieler Tiere auf engem Raum. Ausgelöst durch ständige gegenseitige Reinfektionen kommt es zu einer Anreicherung von Coronaviren in einer solchen Population. Durch die damit verbundene erhöhte Viruslast im Einzeltier nimmt die Gefahr von Mutationen ebenfalls zu. Das Auftreten pathogener Varianten und der Einfluss immunsupprimierender Faktoren begünstigen eine starke Virusvermehrung in Makrophagen und eine Verschleppung der Erreger in alle Organe. Die Bildung von Antikörpern kann den Erreger nicht eliminieren und es kommt in der Folge zur Krankheitssymptomatik durch die Bildung von Immunkomplexen.
Durch Ablagerung von Antigen-Antikörperkomplexen kommt es entweder zu Vaskulitis und Polyserositis (exsudative Form) und/oder zu granulomatösen Entzündungen (trockene Form).
Diagnose
Die Diagnose der FIP-Erkrankung ist problematisch und am lebenden Tier oft nicht sicher zu stellen. Durch die Kombination verschiedener diagnostischer Möglichkeiten lässt sich lediglich die Wahrscheinlichkeit für die Diagnose FIP erhöhen. Der Nachweis von Felinem Coronavirus (FCoV) in Körperhöhlenpunktat oder Liquor spricht für das Vorliegen einer FIP, vor allem wenn die Klinik und andere labordiagnostische Befunde (Serologie, klinische Chemie) in dieselbe Richtung weisen.
Therapie
Therapieversuche mittels bislang nicht zugelassener antiviraler Medikamente verliefen aufgrund mangelnder Verträglichkeit oder unzureichender Wirksamkeit meist nicht zufriedenstellend, sodass die betroffenen Katzen in der Regel euthanasiert werden mussten.
Eine neue vielversprechende Studie der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München (Krentz et al. 2021), bei der 18 an FIP erkrankte Katzen erfolgreich mit einem oralen Virustatikum therapiert wurden, lässt jedoch neue Hoffnung aufkommen, dass die Feline Infektiöse Peritonitis bald für die meisten Katzen kein Todesurteil mehr sein wird.
Merke:
Die Feline Infektiöse Peritonitis (FIP) ist eine virale, noch häufig tödlich verlaufende Infektionskrankheit. Die verantwortlichen Viren entstehen durch eine Mutation von harmlosen und in der Katzenpopulation weit verbreiteten Corona-Viren. Die genauen Gründe für diese Mutation sind bislang nicht vollständig geklärt, jedoch gelten Stress und Crowding als Hauptrisikofaktoren für eine Virusmutation. Es wird empfohlen, nur Tiere zu impfen, die noch keinen Kontakt zu FCoV hatten, da die Wirksamkeit anderenfalls eingeschränkt ist. Bislang standen in der FIP-Therapie keine zugelassenen Medikamente zur Verfügung, was sich jedoch mit der kürzlich veröffentlichten Studie der LMU München (Krentz et al. 2021) bald ändern könnte.
Quellen:
Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre; S. 252 ff.; Anton Mayr (Herausgeber), Michael Rolle, Buch XII, 627 Seiten, 2006, 8., überarb. Aufl.; MVS Medizinverlage Stuttgart; 978-3-8304-1060-7 (ISBN)
Natural feline coronavirus infection: Differences in cytokine patterns in association with the outcome of infection; Anja Kipar, Marina L. Meli, Klaus Failing,c Tatjana Euler, Maria A. Gomes-Keller, Dirk Schwartz, Hans Lutz, and Manfred Reinachera; Vet Immunol Immunopathol. 2006 Aug 15; 112(3): 141–155. Published online 2006 Apr 18. doi: 10.1016/j.vetimm.2006.02.004
Curing Cats with Feline Infectious Peritonitis with an Oral Multi-Component Drug Containing GS-441524; Daniela Krentz 1,* , Katharina Zenger 1 , Martin Alberer 2 , Sandra Felten 1 , Michèle Bergmann 1 , Roswitha Dorsch 1 , Kaspar Matiasek 3 , Laura Kolberg 2 , Regina Hofmann-Lehmann 4 , Marina L. Meli 4 , Andrea M. Spiri 4 , Jeannie Horak 5 , Saskia Weber 6 , Cora M. Holicki 6 , Martin H. Groschup 6,7 , Yury Zablotski 1 , Eveline Lescrinier 8 , Berthold Koletzko 5 , Ulrich von Both 2,9,† and Katrin Hartmann 1, in: viruses 2021, 13, 2228