Zoonose-Gefahr
Unter Zoonosen versteht man Infektionskrankheiten, die unter natürlichen Bedingungen vom Tier auf den Menschen übertragen werden können. Als Erreger von Zoonosen kommen Viren, Bakterien, Pilze, Einzeller, Würmer und Insekten in Frage. Weltweit sind etwa 200 Zoonosen bekannt. In den letzten Jahren wurde eine Zunahme solcher Erkrankungen verzeichnet. Dies ist vermutlich auf den intensiveren Kontakt zwischen Mensch und Tier im Rahmen der Haustierhaltung zurückzuführen. Aber auch die zunehmende Zahl der Fernreisen und die Mitnahme sowie die Ansteckung der Haustiere vor Ort spielt hierbei eine Rolle.
Durch den engen Kontakt zwischen Mensch und Hund bzw. zwischen Mensch und Katze kann sich der Mensch auch mit den Darmparasiten der Tiere infizieren. Besonders bedeutsam sind in diesem Zusammenhang Infektionen mit Giardien, Spulwürmern, Hakenwürmern und Bandwürmern.
Giardiose des Menschen
Die Giardiose wird durch den Einzeller Giardia duodenalis (syn. G. intestinalis, G. lamblia) hervorgerufen und kommt weltweit bei vielen Säugetieren und dem Menschen vor. Beim Menschen zählt die Giardiose zu den zehn häufigsten Parasitosen des Darmes. In den westlichen Industrieländern ist sie sogar die häufigste Darmparasitose. Die Durchseuchungsrate bei Erwachsenen wird in gemäßigten Zonen mit 2 bis 10 Prozent angeben. Für Kinder wird sie mit 25 Prozent beziffert (Intervet Tierarztinformation). Sie sind häufiger betroffen, weil sie oft sehr engen Kontakt mit Haustieren sowie ein geringeres Hygienebewusstsein haben. Die meisten Giardiosen verlaufen vollkommen symptomlos. Jedoch kann es in Abhängigkeit vom Ernährungszustand und vom Immunstatus nach einer Inkubationszeit von 12-20 Tagen zu einem explosionsartigen Auftreten von wässrigem, nach Fäulnis riechendem Durchfall kommen. Oft gehen damit starke Blähungen einher. Der Stuhl ist meist sehr fettreich und schleimig, jedoch ohne Blutbeimengungen. Die Patienten leiden an heftigen Darmschmerzen, Krämpfen, Übelkeit, Unwohlsein, Appetitlosigkeit, leichtem Fieber, Schüttelfrost und verlieren häufig viel Gewicht (Aspöck 2002). Vor allem Kinder zeigen bei Giardiose diese Symptome. Erkrankungen treten jedoch auch gehäuft auf Urlaubsreisen nach dem Verzehr von infizierter Rohkost oder der Aufnahme von verschmutztem Trinkwasser auf. Aber auch Schmierinfektionen bei Tierkontakt oder über durch Fliegen kontaminierte Nahrung stellen eine Infektionsquelle dar. Im Darm des Wirtes exzystiert sich die Zyste und entlässt zwei Protozoen, die Trophozoiten. Diese heften sich an die Mikrovilli der Zellen der Darmschleimhaut. Hier beginnt die Längsteilung, die der Vermehrung dient. Gleichzeitig beginnt die Umbildung zur widerstandsfähigen Zyste, die dann wieder zwei Trophozoiten enthält.
Toxocariasis oder Larva migrans visceralis
In einer Studie wurde die Seroprävalenz für Toxocara von einer Gruppe (n = 585) besonders exponierter Personen (Landwirte, Schlachthofmitarbeiter, Jäger und Tierärzte) mit der einer Kontrollgruppe (n = 50) verglichen. Es zeigte sich, dass die Exposition in ländlichen Gegenden deutlich größer ist als in Städten. Dies liegt vermutlich daran, dass auf dem Land ein niedriger Gesundheitsstandard bei Hund und Katze herrscht als in der Stadt. Tiere auf dem Land werden erfahrungsgemäß seltener entwurmt als Tiere in der Stadt. Außerdem können Tiere auf dem Land sehr häufig frei herumstreifen und haben regelmäßigen Zugang zu kontaminiertem Gras, Heu oder Gemüse (Deutz et al. 2005).
Eine orale Infektion mit Spulwurmeiern von Hund und Katze durch Tierkontakt aber vor allem durch Kotkontakt hervorgerufen, kann bei Kinder zwischen ein und fünf Jahren schwere Erkrankungen verursachen. Sie wird als Larva migrans visceralis, Toxocariasis oder Toxocarose bezeichnet. Weltweit sind etwa 20 Millionen Menschen, vor allem Kleinkinder unter 3 Jahren (50 Prozent) betroffen. Im Schlimmsten Falle kann eine Infektion zur Lebervergrößerung und zur Erblindung führen (Jens 2006). Ursache ist die Wanderung der Spulwurmlarven durch die Organe des Körpers. Betroffen sind vorwiegend Leber und Lunge. Es kann zu einer krankhaften Vergrößerung der Leber (Hepatomegalie) (Rey 2005), Husten mit asthmatischen Beschwerden, Fieber und Magen-Darm-Beschwerden sowie einem akuten Abdomen kommen (Inan et al. 2006). Aber auch die Nieren, die Muskulatur, das Zentrale Nervensystem (ZNS) und das Auge können betroffen sein. Einige der Larven kapseln sich dabei ab und treten in ein Ruhestadium ein. Sie können noch Jahre später reaktiviert werden (CVUA 2006). Noch Jahre nach der Ansteckung kann es durch einen Wanderlarvenbefall des Auges zur Infektion im Innern des Auges sowie zu Entzündungen der Aderhaut und der Netzhaut kommen. Erblindungen können die Folge sein (AHO 2006a). Bei geringer Infektionsdosis nimmt die Krankheit in der Regel einen milden Verlauf, der mit einer Vergrößerung der Leber und einer vermehrten Bildung von eosinophilen Granulozyten einhergehen kann. In der Regel sind die Infektionen beim Menschen selbstlimitierend. Schwere Fälle müssen medikamentös behandelt werden.
Die Infektion erfolgt am häufigsten beim Umgang mit jungen, nicht entwurmten Hunde- oder Katzenwelpen oder beim Spiel an Örtlichkeiten, die mit Katzen- oder Hundekot kontaminiert sind, wie Kinderspielplätze, öffentliche Parkanlagen und Gärten (Jens 2006). In mitteleuropäischen Städten wurden in 3 bis 87 Prozent der untersuchten Sandproben von Kinderspielplätzen Toxocara-Eier gefunden (Janitschke 1999, Eckert 2000). Um einer Infektion vorzubeugen, sollten Hunde und Katzen regelmäßig, mindestens einmal im Vierteljahr entwurmt werden (Epe 2006, Jens 2006). Außerdem sollten Hunde von Spielplätzen und Sandkästen ferngehalten und Hundekot generell entsorgt werden. Besonders gefährlich ist der Kontakt mit 2 bis 3 Wochen altem Kot, da die Entwicklung der infektiösen Larve in der Umwelt ebenso lange dauert (Eckert 2000, Jens 2006) Da Wurmeier auch dem Fell der Tiere anhaften können, sollten nach dem Streicheln der Tiere die Hände gründlich gewaschen werden. Insbesondere bei Kindern ist darauf zu achten.
Larva migrans cutanea
Eine perkutane Infektion mit dem Hakenwürmern, vor allem mit Ancylostoma spp., führt zum Krankheitsbild Larva migrans cutanea. Nachdem sich die Würmer bei direktem Hautkontakt mit infizierter Erde oder Sand durch die Haut gebohrt haben, wandern sie einige Zentimeter in den oberen Hautschichten. Dabei bilden sich gerötete, fadenförmige Streifen mit bizarren Mustern in der Haut aus. Es können auch Bläschen auftreten. Es besteht ein intensiver Juckreiz, wodurch es durch Kratzen häufig zu bakteriellen Sekundärinfektionen kommt. Am häufigsten sind Unterarme, Hände, Schenkel und Füße betroffen. Die Larven können in der Haut des Menschen einige Wochen bis Monate verweilen, bevor sie absterben. Besonders hoch ist die Ansteckungsgefahr in kontaminierten Sandkästen oder an Stränden. Die Larven können bei mildem, feuchten Klima mehrere Wochen infektiös bleiben.
Daher sollten Hunde und Katzen in regelmäßigen Abständen, mindestens aber vierteljährlich entwurmt werden. Außerdem sollten die Tiere von Kinderspielplätzen, Sandkästen und Stränden ferngehalten werden.
Echinokokkose
Für den Menschen kann die selten vorkommende Infektion mit Eiern des Fuchsbandwurms (Echinococcus multilocularis) oder des kleinen Hundebandwurms (Echinococcus granulosus) besonders gefährlich, u.U. sogar tödlich sein, da der Mensch nicht Endwirt, sondern Fehlwirt ist. Echinococcus multilocularis gilt als der gefährlichste Parasit für den Menschen in Mitteleuropa (Schein und Schunack 2003)
Alveoläre Echinokokkose
Die alveoläre Echinokokkose (AE) wird durch eine orale Infektion mit infektiösen Eiern (Onkosphären) des Fuchsbandwurms verursacht. Sie ist gekennzeichnet durch die Ausbildung von Zysten in den inneren Organen, vorwiegend in der Leber. In den Zysten entwickeln sich die Bandwurmfinnen (Metazestoden). Die Zysten zeigen ein tumorähnliches Wachstum. Es kann auch zu einer Metastasen bildung kommen.
Die Infektion erfolgt häufig durch den Verzehr von ungewaschenen Waldfrüchten, die mit Bandwurmeiern kontaminiert sind. Die Kontamination kann direkt, durch infektiösen Staub oder durch Fliegen erfolgen, die die infektiöse Onkosphäre über den Kot oder den Speichel verbreiten können (Ribbeck und Rehbein 2005). Als mögliche Überträger der Onkosphäre dienen auch Käfer, Schaben und Schnecken. Es können aber auch Bandwurmeier dem Fell von Hunden und Katzen anhaften, so dass sich der Mensch durch Streicheln infizieren kann. Die AE ist in Mitteleuropa jedoch selten, obwohl der Fuchsbandwurm in manchen Teilen endemisch vorkommt. In ganz Europa sind im Zeitraum von 1982 bis 2000 lediglich 559 Fälle der alveolären Echinokokkose bekannt geworden. In der Schweiz werden jährlich etwa 5 bis 10 neue Fälle festgestellt (Wikipedia 2006).
Die klinische Manifestation erfolgt beim Menschen nach einer Inkubationszeit von 5 bis 15 Jahren. Die Symptome sind unspezifisch und äußern sich in Appetitlosigkeit, Erbrechen, Gewichtsabnahme, Oberbauchbeschwerden, Lebervergrößerung und Gelbsucht. Zu diesem Zeitpunkt ist die Leberschädigung jedoch meistens bereits so weit fortgeschritten, dass die Möglichkeit einer operativen Entfernung nur noch selten besteht. In diesem Falle muss in der Regel eine lebenslange medikamentöse Behandlung erfolgen, die das weitere Wachstum hemmt. Die Sterberate beträgt bei unbehandelten Patienten etwa 90 Prozent (Ribbeck und Rehbein 2005).
Zystische Echinokokkose
Nach oraler Infektion mit Eiern des kleinen Hundebandwurms kann es beim Menschen zur Ausbildung einer zystischen Echinokokkose (ZE) kommen. Die Größe der Finne schwankt zwischen einem Durchmesser von wenigen Millimetern und 30 cm. Betroffen sind insbesondere Leber (50 bis 70 Prozent), Lunge (15 bis 30 Prozent) selten auch Milz, Nieren, Gehirn und andere Organe. Die Finne des Hundebandwurms stellt im typischen Fall eine flüssigkeitsgefüllte, ein- oder mehrkammerige, langsam wachsende Blase dar. Je nach Lokalisation und Größe der Finne kann es durch Spannung der Leberkapsel zu Bauchschmerzen kommen. Manchmal kommt es bei ausgedehntem Befall auch zur Gelbfärbung von Augen und Haut des Patienten (Ikterus). Das Platzen der Finnen in der Lunge ist von Schmerzen, Husten und Atembeschwerden begleitet. Finden sich Erreger in Hirn und Rückenmark, können neurologische Symptome auftreten. Zusätzlich besteht das Risiko eines allergischen Schocks beim Platzen von Finnen. Obwohl Spontanheilungen bekannt sind, ist in der Regel eine meist langjährige medikamentöse Behandlung notwendig.
Die Infektion erfolgt über den Verzehr von kontaminierten Nahrungsmitteln oder als Schmierinfektion aus dem Fell infizierter Haustiere.
In Europa ist besonders der Osten und das Mittelmeergebiet betroffen. In den Mittelmeerländern erkranken pro Jahr 10 von 100.000 Personen. Nördlich der Alpen ist die Krankheit in den meisten aller Fälle importiert.