Hintergrundinformation Porcines Circovirus
Erst im Jahre 1991 wurde das Porcine Circovirus Typ 2 (PCV2) als Krankheitserreger entdeckt. Die wichtigsten Erkrankungen, an denen es beteiligt ist, sind das Kümmer-syndrom der Absetzferkel (PCV-SD, ehemals PMWS) und das Porcine Dermatitis und Nephropathie Syndrom (PDNS). Diese und weitere PVC2-assoziierte Erkrankungen der Atemwege, des Magen-Darm-Traktes und der Reproduktionsorgane werden unter dem Begriff PCVD (Porcine Circovirus Disease) zusammengefasst.
PCV-SD und PDNS gehören nach wie vor zu den weltweit bedeutendsten Erkrankungen in der Schweineproduktion. Nach heutigem Wissen korreliert der Schweregrad der klinischen Symptome direkt mit der Menge an PCV2 im Blut bzw. dem Erreger-druck im Bestand. Ziel einer erfolgreichen Therapie bzw. Prophylaxe muss sein, die Viruslast im Blut der Tiere zu senken oder ganz zu eliminieren. Nur so lassen sich verschlechterte Mastleistungen verhindern und die Mortalitätsraten senken. Für einen schnellen Immunitätsaufbau und einen langanhaltenden Schutz stehen heute wirksame Impfstoffe gegen das PCV2 zur Verfügung.
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Was sind Circoviren?
Circoviren gehören zu den Circoviridae und besitzen ein einzelsträngiges, ringförmiges Genom. Mit einer Größe von nur 17 Nanometer gehören sie zu den kleinsten aller bekannten Säugetierviren. Circoviren besitzen keine Virushülle, zeichnen sich aber – ebenso wie alle anderen unbehüllten Viren – durch eine hohe Tenazität (Widerstandsfähigkeit) aus. Damit sind sie äußerst resistent gegen Umwelteinflüsse, widerstehen hohen und niedrigen Tempe¬raturen, extremen pH-Werten sowie den meisten Desinfektionsmitteln.
Es gibt Porcine Circoviren vom Typ 1 und Typ 2 (PCV1 und PCV2). Das für Schweine apathogene PCV1 wurde im Jahre 1974 erstmals beschrieben. Erst mehr als 20 Jahre später wurde PCV2 aus an PMWS erkrankten Schweinen isoliert. Als Forscher deutliche ältere Blut-asservate untersuchten, stellten sie überraschend fest, dass auch PCV2 schon sehr lange in der Schweinepopulation verbreitet ist, jedoch bis Mitte der 1990er Jahre keine klinisch relevanten Erkrankungen verursacht hat. Bis heute ist nicht geklärt, warum sich die Virulenz des Erregers plötzlich verändert hat oder welche Mechanismen genau zum Ausbruch klinischer Symptome führen.
Die Virusverbreitung erfolgt auf mehreren Wegen: aerogen als Tröpfcheninfektion über den Nasen-Rachen-Raum, durch direkten Tier-Tier-Kontakt mit latent infizierten Trägerschweinen oder aber mechanisch durch Mist, Gülle und Sperma. Auch eine diaplazentare Infektion der Feten ist möglich.
PCV2 kann in lymphatischen Geweben klinisch gesunder Schweine persistieren und ist welt-weit in nahezu allen Schweinebeständen nachweisbar, ohne dass es zwangsläufig zu sicht-baren Erkrankungen führt (subklinische Infektionen). Selbst eine niedrige PCV2-Last im Be-stand kann sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit der Schweineproduktion auswirken. ,6 Bei einem geringen Virusgehalt im Blut ist zwar nur eine milde Symptomatik zu erwarten, durch weitere immunsupprimierende Faktoren wie Koinfektionen, Stress oder suboptimale Haltungsbedingungen können jedoch klinisch apparente Erkrankungen unterschiedlicher Ausprägung entstehen. Bei steigenden Virusgehalten ist in aller Regel auch mit einer deutlicheren klinischen Symptomatik zu rechnen.
Das Kümmersyndrom der Absetzferkel – gefürchtet und teuer
Die durch PCV2 hervorgerufene, systemische Allgemeinerkrankung war früher als PMWS (postweaning multisystemic wasting syndrome) bekannt und wird heute als PCV2-SD (systemic disease) bezeichnet.6 Unter diesem Begriff versteht man das infektionsbedingte Kümmern der Ferkel nach dem Absetzen. Zur sicheren Diagnose müssen, da das PCV2 auch in gesunden Beständen vorkommt, neben dem typischen klinischen Bild und dem di-rekten Erregernachweis auch pathologisch-anatomische und histologische Organverände-rungen passen.
Der Verlauf und das klinische Bild des PCV2-SD können innerhalb verschiedener Betriebe ziemlich unterschiedlich sein. In der Regel beginnt die Erkrankung schleichend, meist zwischen der 7. und 20. Lebenswoche – also am Ende der Aufzucht (Flatdeck) und zu Beginn der Mast.2
Zu den wichtigsten sichtbaren Symptomen zählen eine verminderte Vitalität, die sich in Teilnahmslosigkeit und verringerter Futteraufnahme äußert, Blässe und/oder ikterische Gelbfär-bung der Haut, Atemnot, eine leichte Konjunktivitis mit Tränenfluss und oft verklebten Augen sowie in der ersten, akuten Phase vergrößerte Lymphknoten, vor allem in der Inguinalgegend. Durchfälle und Fieber kommen ebenfalls vor. Erkrankte Tiere verenden entweder plötzlich innerhalb von etwa einer Woche oder bleiben als Kümmerer im Wachstum deutlich zurück. Der pathologische Befund bei verendeten Schweinen reicht von hochgradigen Ödemen in Lunge und Dickdarm, vergrößerter Leber und Milz, geschwollenen Lymphknoten über Gastroenteritiden und petechialen Nierenblutungen bis hin zu Herzmuskelveränderungen. Für den Tierhalter bedeuten sowohl die verendeten als auch die hinter ihrem Leistungs¬potenzial zurückbleibenden Tiere gravierende finanzielle Verluste.
Häufige Todesfälle durch PDNS
Das „Porcine Dermatitis und Nephropatie Syndrom“ ist durch Vaskulitiden, also Entzündun¬gen der Blutgefäße in Haut und Nieren gekennzeichnet. Diese Erkrankung tritt sehr häufig in Beständen mit schon bestehender PCV2-SD auf, betrifft aber nur einen geringen Prozentsatz der Tiere. PCV2 ist hierbei regelmäßig in verschiedenen Organen nachzuweisen; ob diese direkt oder aber über Koinfektionen ursächlich verantwortlich für das Krankheitsbild sind, ist noch nicht abschließend geklärt und wird derzeit noch genauer untersucht. Als charakteris-tisch für die Erkrankung gelten rotbraune, rundliche, oft konfluierende Hautflecken (Unter-hautblutungen) vor allem im Flankenbereich, an den Beinen sowie perianal. Begleitend kön-nen Fieber, Appetitlosigkeit, Tremor und manchmal auch Bewegungsstörungen auftreten. Eine gewisse Ähnlichkeit der Symptomatik mit der klassischen Schweinepest macht eine Ausschlussdiagnostik notwendig. Die Krankheit verläuft akut bis perakut, ein Großteil der betroffenen Schweine verendet innerhalb von wenigen Tagen.
PDNS tritt meist zwischen der 10. und 16. Lebenswoche auf, gelegentlich aber auch deutlich früher oder später. Betroffen sind nicht selten vorher unauffällige Tiere und es können bereits Todesfälle auftreten, bevor erste Hautflecken zu sehen sind. Blutig infiltrierte Lymphknoten, vergrößerte und entzündete Nieren mit petechialen Blutungen sowie Magengeschwüre sind häufige Befunde bei der pathologischen Untersuchung.
Hohe Viruslast, hohe Erkrankungsrate
Welche Rolle das PCV2 bei der Entstehung von PCV2-SD und PDNS spielt, ist bis heute nicht bis ins letzte Detail erforscht. Man weiß sicher, dass Kofaktoren entscheidend für einen Krankheitsausbruch sind. Zu diesen zählen das Porcine Reproductive and Respiratory Syndrome Virus (PRRSV), spezifische Sekundärerreger sowie ein hoher Keimdruck, häufig verursacht durch mangelhaftes Betriebs- und Produktionsmanagement. Ein stark belastetes Immunsystem scheint die Wahrscheinlichkeit für einen Ausbruch der Erkrankung zu steigern.
Impfung verbessert Leistungsparameter
Um die wirtschaftlichen Verluste durch PCV2-Infektionen und -Erkrankungen weitestgehend zu reduzieren, sollten zwei Aspekte ganz im Vordergrund stehen: einerseits die Optimierung der Haltungsbedingungen bzw. des Managements im Bestand (20-Punkte-Plan nach Madec) und andererseits die Implementierung der PCV2-Impfung.
Im Mittelpunkt der betrieblichen Maßnahmen steht die Senkung des Infektionsdrucks für (noch) gesunde Tiere. Dazu gehören ein konsequentes Rein-Raus-Verfahren, die Separation und Behandlung bzw. Tötung kranker Tiere, eine vertretbare Belegdichte, die Optimierung von Luftzufuhr und Temperatur im Stall, eine penible Einhaltung aller Hygieneanforderungen sowie die Vermeidung von unnötigem Stress für die Tiere.
Die Impfung vermindert die Menge der im Blut eines Tieres zirkulierenden Erreger (Virämie) effizient. Dadurch scheiden infizierte Tiere auch weniger Erreger aus, sodass die Infektionsrate sinkt und subklinische Infektionen verhindert werden. Leistungsparameter wie Futter-verwertung, Tageszunahmen, Mastdauer und Mortalitätsrate im Bestand verbessern sich und gleichzeitig können die Behandlungskosten durch einen geringeren Medikamenteneinsatz gesenkt werden. Insgesamt führt die konsequente Durchimpfung des Bestandes zu ver-besserten Produktionsergebnissen, was für den Landwirt einen großen wirtschaftlichen Vorteil bedeutet.6
Vier Impfstoffe gegen PCV2 sind derzeit in Europa zugelassen. Sie unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung, im Impfzeitpunkt und in der Dauer der induzierten Immunität. Die Auswahl des für einen bestimmten Betrieb einzusetzenden Impfstoffes und Impfschemas erfolgt in Abstimmung mit dem Hoftierarzt auf Basis der betrieblichen Gegebenheiten und Erfordernisse.