Zuchttauglichkeit von Stuten
Auch bei einem noch so detailliert geplanten Besamungsmanagement: Ob eine Stute trächtig wird – darüber entscheidet am Ende immer auch der Zufall. Für einen Züchter aber ist es wichtig, dass seine Stute in ihrem Zuchtleben häufig und ohne großen medizinischen Aufwand trächtig wird. Daher ist sorgfältig zu prüfen, ob eine Stute grundsätzlich zuchttauglich ist.
Hier finden Sie Information darüber, welche Untersuchungen zu einer sogenannten
- Zuchttauglichkeitsprüfung gehören und
- welche weiteren Faktoren die Wahrscheinlichkeit für eine Trächtigkeit erhöhen.
Zuchttauglichkeitsprüfung
Da sich Erkrankungen aller Art negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken können, muss eine für die Zucht vorgesehene Stute allgemein gesund sein. Eine gesunde Stute lässt eine normale Fruchtbarkeitsleistung erwarten.
Um die Zuchttauglichkeit festzustellen, untersucht der Tierarzt die Stute gründlich gynäkologisch. Zu einer Zuchttauglichkeitsprüfung gehören
• Untersuchung der äußeren Geschlechtsorgane (Vorhof, Klitoris und Scheide)
• Untersuchung der inneren Geschlechtsorgane (des Gebärmuttermundes mit Hilfe eines Spekulums, Ultraschalluntersuchung von Gebärmutter und Eierstöcken)
• Beurteilung der Beschaffenheit der Scheidenschleimhaut in Hinblick auf den Zyklusstand
Ist eine Belegung geplant, folgt eine bakteriologische Untersuchung über eine Zervix-Tupferprobe aus der Scheide oder vom Muttermund. Der Test ist wichtig, um einerseits eine eventuelle Infektion des Hengstes beim Deckakt zu verhindern. Andererseits soll durch eine Keimbestimmung und eventuelle Behandlung das Risiko gesenkt werden, dass die Stute nach dem Deckakt oder während der Gravidität eine Entzündung der Gebärmutter entwickelt.
Der Nachweis von Taylorella equigenitalis, dem Erreger der meldepflichtigen kontagiösen Pferdemetritis (contagious equine metritis, CEM), erfolgt hingegen über eine Tupferprobenentnahme aus der Klitoris.
Tipp: Während der Rosse ist die Tupferprobenentnahme unkompliziert, da der Muttermund dann ohnehin geöffnet ist.
Zum Abschluss untersucht der Tierarzt die Milchdrüsen, da ihre Funktion eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Nachzucht darstellt.
Eine Zuchttauglichkeitsprüfung erfolgt in jedem Fall vor einer bevorstehenden Belegung, um den optimalen Belegungszeitpunkt zu erkennen, oft sogar mehrfach.
Empfohlen ist sie aber auch im Rahmen einer Ankaufsuntersuchung.
Bei einer Zuchttauglichkeitsprüfung werden auch folgende Daten erfasst:
- Alter der Stute
- aktueller Gesundheitsstatus
- aktueller Reproduktionsstatus
- Vornutzung der Stute
- Zuchtgeschichte (vorangegangene Trächtigkeiten und Abfohlungen, Zyklusverlauf, Anzahl der Belegungen, mögliche Fruchtverluste sowie für die Zuchttauglichkeit relevante Erkrankungen)
Anschließend erfolgt eine gründliche Betrachtung des Tieres in Ruhe und in der Bewegung. Dabei beobachtet der Tierarzt das Verhalten der Stute, auch kann er das Sexualverhalten durch die Anwesenheit eines Hengstes provozieren bzw. stimulieren. Duldet die Stute dabei die Annäherung des Hengstes, hebt sie den Schweif oder hält ihn seitwärts. Blitzt sie den Hengst dabei rhythmisch mit ihrer Klitoris an und setzt dabei kleine Mengen von Harn und Schleim ab, sind dies sichere Anzeichen dafür, dass sich die Stute in der Rosse befindet. Jedoch rosst jede Stute individuell, so dass diese Rosseanzeichen nicht immer unbedingt erkennbar sind.
Zeigen Stuten dagegen ein auffälliges oder abweichendes Sexualverhalten, sollte ihr hormoneller Status erfasst werden.
Gut zu wissen:
Von der Zuchttauglichkeitsuntersuchung deutlich zu unterscheiden ist die Trächtigkeitsuntersuchung. Diese erfolgt heutzutage in der Regel mittels Ultraschalluntersuchung. Damit ist eine bestehende Trächtigkeit bereits ab dem 10. Tag nach der Ovulation möglich.
Weitere Faktoren, die die Fruchtbarkeit beeinflussen
Alter
Auf dem Höhepunkt ihrer Fruchtbarkeit sind Stuten im Alter von sieben bis acht Jahren (Fertilitätsoptimum).
Mit zunehmendem Alter nimmt die Fruchtbarkeitsleistung ab, parallel verlängert sich die Tragezeit, die Resorptionsrate steigt. Grundsätzlich muss bei Stuten über 15 Jahren mit einer Fruchtbarkeitsreduktion gerechnet werden.
Allgemeine gesundheitliche Voraussetzungen
Stuten mit akuten oder chronischen Erkrankungen am Kopf (z. B. Zähne, Kiefer, Nasennebenhöhlen), sind weniger für die Zucht geeignet. Erfahrungsgemäß erhöht eine Behandlung bzw. Sanierung entsprechender Krankheiten deutlich die Fruchtbarkeitschancen und vermindert Risiken von Fruchtverlusten.
Genetisch bedingte Einflüsse
Genetische Faktoren können in einigen Stutenfamilien die Fruchtbarkeitschancen positiv oder negativ beeinflussen. So verfügen einige Stuten zur Zuchtsaison über ein ausgeprägtes Rosseverhalten mit regelmäßigen Zyklen, sie können mit relativ geringem Aufwand tragend werden und auch bleiben. Andere dagegen werden oder bleiben über Generationen hinweg ungern mit Fohlen bei Fuß im gleichen Jahr wieder tragend.
Oder sie zeigen die Rosse nicht im Herdenverband, sondern ausschließlich durch Abprobieren am Hengst.
Ernährung
Die Höhe der Energiezufuhr beeinflusst unter anderem das Einsetzen der Rosse. Bei güsten Stuten kann die Energiezufuhr während der Zyklusruhe reduziert und vor der Zuchtsaison kurz vor Einsetzen des Zyklus wieder erhöht werden, um die Eierstock-Aktivität anzukurbeln. Eine Überernährung jedoch schadet dem gesamten Organismus und damit auch der Fruchtbarkeit – ebenso wie toxische (giftige) Inhaltsstoffe.
Grundsätzlich ist eine bedarfsorientierte Fütterung anzustreben. Jeder größere Zuchtbetrieb sollte daher eine Rationskalkulation durchführen, um Imbalancen durch die Ernährung zu vermeiden
Stress
Stressfaktoren wie z. B. Transport, Umstellung, Neid oder Unruhe im Stall reduzieren Wohlbefinden und Fruchtbarkeit. Um Stress abzubauen und zu vermeiden, sind tägliche Bewegung in vertrauter Sozialgemeinschaft, eine sozial ausgewogene Gruppe, die Einhaltung gleicher Zeiten von Fütterung, das Wechseln von Stall zur Weide und umgekehrt wertvolle Maßnahmen.
Infektions- und Impfschutz
In einem Zuchtbetrieb ist ein hohes Maß an Hygiene unerlässlich, dazu gehört auch ein guter Infektions- und Impfschutz, denn pferdespezifische Bakterien, Viren und Parasiten sowie Erkrankungen wie Tetanus, Influenza und Herpes-Infektionen können zum einen den Befruchtungserfolg mindern und zum anderen das Risiko von Fruchtresorptionen und Verfohlungen erheblich erhöhen. Ebenso empfohlen ist eine regelmäßige Kontrolle auf Wurmbefall.
Hier finden Sie weitere Informationen zu
• Entwurmung beim Pferd
• Impfungen beim Pferd
• Equines Herpesvirus
• Equine Influenza
Quellen
Ahlswede, L.: Leitfaden für die Pferdezucht, Intervet Deutschland GmbH 2011
Bostedt, H.: Vorbereitung der Stute für die bevorstehende Zuchtsaison, veterinär spiegel Ausgabe 04, Jahrgang 20, Enke 2010