Trächtigkeit und Störungen

Auch wenn die Befruchtung erfolgreich war, kann es doch immer wieder zu Störungen der Trächtigkeit oder gar zu Verlusten des Embryos kommen. Die Ursachen dafür sind vielfältig und reichen von genetischen Defekten bis hin zu bakteriellen oder viralen Infektionen.

Hier finden Sie Informationen zu

  • Trächtigkeit
  • Störungen der Trächtigkeit
  • Abortursachen


Trächtigkeit

Die Eizelle der Stute ist etwa 8 Stunden, maximal 12 Stunden lang befruchtungsfähig. Ist eine Befruchtung erfolgt, wandert der Embryo 5 bis 6 Tage den Eileiter hinab Richtung Gebärmutter (Uterus). Bei Pferden ist der Embryo in der Gebärmutter relativ lange frei beweglich und beginnt erst um den 16. Tag der Trächtigkeit (in Ausnahmefällen sogar später), in der Uterusschleimhaut zu haften. Die eigentliche Einnistung findet sogar noch später, um den 36. Tag herum statt. Ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Hormone sorgt dafür, dass die Trächtigkeit zustande kommt: So bereiten etwa Östrogene und Progesteron auf die Einnistung des Embryos vor, gleichzeitig stellt Progesteron die Muskulatur der Gebärmutter (Myometrium) ruhig, verschließt den Gebärmuttermund und sorgt so für den Erhalt der Trächtigkeit. Ab dem 120. Tag sinkt die Progesteron-Konzentration. Um die Trächtigkeit zu sichern, übernehmen nun andere Gestagene die Aufgabe der Ruhigstellung des Myometriums.
Die Geburt wird schließlich durch einen Abfall der Gestagen-Konzentration eingeleitet, der wiederum PGF2α und Oxytocin freisetzt. Beides sorgt für das Einsetzen der Wehen.

Die Trächtigkeit (Gravidität) beim Pferd dauert durchschnittlich 335 Tage, sie ist jedoch sehr variabel und kann auch einmal 400 Tage betragen. Doch auch bei Übertragungen werden in der Regel gesunde und normale Fohlen geboren.

Störungen der Trächtigkeit

Störungen der Trächtigkeit können zu jedem Zeitpunkt vorkommen: sowohl in der embryonalen Phase (sie reicht von der Einnistung des Embryos in die Gebärmutter bis etwa zum 40. Tag) als auch in der fetalen Phase (ab dem 40. Tag bis zur Geburt). Sie können zum Fruchttod, zu einer Verkürzung oder einer Verlängerung der Trächtigkeit führen.

Embryonaler Fruchttod

Das Absterben des Embryos vor dem Eintritt in die fetale Phase wird (früh)embryonaler Fruchttod oder auch Fruchtresorption genannt. Das Resorptionsrisiko steigt naturgemäß mit dem Alter der Stute. Weitere Ursachen können Eierstockzysten sein, die generell die Trächtigkeitschance einer Stute einschränken. Sind die Zysten sehr groß, können sie die Wanderung des Embryos in die Gebärmutter behindern. Auch Narbengewebe etwa nach einer Entzündung in der Gebärmutterschleimhaut (Endometriose) kann eine ausreichende Versorgung des Embryos verhindern.
Ebenso spielt der Belegungszeitpunkt eine Rolle: Erfolgt die Besamung mehr als 3 Tage vor oder mehr als 12 Stunden nach der Ovulation, steigt das Risiko für eine embryonale Mortalität aufgrund der Alterungsprozesse der Keimzelle.
Ebenso können Defekte im Erbgut oder eine Gelbkörperschwäche für eine Fruchtresorption verantwortlich sein: Normalerweise hält das Gelbkörperhormon Progesteron die Schwangerschaft aufrecht. Es wird nach dem Eisprung vom Gelbkörper gebildet und bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf die Einnistung der befruchteten Eizelle vor. Wird nicht genügend Progesteron gebildet, kann sich der Embryo entweder gar nicht erst Einnisten oder die Einnistung steht unter schlechten hormonellen Bedingungen, was ebenfalls zu einem frühen Abort führen kann. Besteht der Verdacht, dass die Stute zu wenig Gelbkörperhormon produziert (Gelbkörperschwäche), kann unter Umständen die Gabe eines synthetischen Progesterons wie Altrenogest einen drohenden Fruchttod verhindern.

Ursachen für frühe embryonale Verluste

(Abb.: Leitfaden für die Pferdezucht, Ahlswede, S. 39)

Zwar lässt sich ein Fruchttod nicht immer vermeiden, jedoch steigern regelmäßige tierärztliche Kontrolluntersuchungen die Chance für einen komplikationslosen Verlauf der Trächtigkeit. Üblicherweise werden Trächtigkeitsuntersuchungen zu folgenden Terminen durchgeführt
•    1. Untersuchung: zwischen Tag 16 und 20
•    2. Untersuchung: zwischen Tag 30 und 40
•    3. Untersuchung: um Tag 60 (fakultativ)
•    kontinuierliche Untersuchung ab Tag 60 nur bei klinischen Auffälligkeiten

Belegung in der Fohlenrosse

Bei Ovulation vor Tag 10 nach dem Abfohlen ist die Konzeptionschance oft vermindert, weil die Rückbildung des Endometriums noch nicht abgeschlossen ist. Durch eine Behandlung mit Altrenogest ab der Geburt für 8 bis 10 Tage jedoch lässt sich die Fohlenrosse nach hinten verschieben, sodass sich die Gebärmutter länger regenerieren kann. Dadurch steigen zum einen die Chancen für eine Befruchtung (Konzeption), zum anderen lässt sich durch Altrenogest die Trächtigkeit aufrechterhalten, Fruchtresorptionen treten seltener auf.

Fehlgeburt (Abort)


Endet die Trächtigkeit, bevor der Fetus außerhalb des Uterus lebensfähig ist, spricht man von einem Abort. Obwohl Aborte während der gesamten Trächtigkeit auftreten können, fallen sie aufgrund der Größe der Frucht meist erst ab dem 4. Monat auf. Während akute Aborte meist ohne weitere klinische Symptome ablaufen, kann bei Stuten mit einem chronischen Abortverlauf häufig eine vorzeitige Laktation, Scheidenausfluss oder eine Störung des Allgemeinbefindens beobachtet werden.

Abortursachen

Aborte können infektiöse und nicht infektiöse Ursachen haben.
Etwa ein Viertel der Aborte beim Pferd sind infektiöser Natur, dazu zählen Viren, Bakterien, Pilze, Hefen oder Parasiten. Die häufigsten Erreger und Erkrankungen sind:

Equines Herpesvirus (EHV)

Eine der Hauptursachen für Spätaborte beim Pferd weltweit sind Herpesvirusinfektionen (EHV-1 und EHV-4). Das Virus ist hochgradig ansteckend. In ungeimpften Beständen kann es bei 90 Prozent der Herde zu Aborten führen. Diese treten meist zwischen dem 7. und 10. Trächtigkeitsmonat auf, aber auch tote oder lebendschwache Fohlen zum errechneten Geburtstermin sind als Folge der Infektion möglich.
Ein drohender EHV-Abort ist therapeutisch nicht aufzuhalten. Zur Infektionsprophylaxe ist daher eine konsequente, halbjährliche Impfung des ganzen Bestands enorm wichtig.

Equine Virusarteritis (EVA)

Die equine Virusarteritis oder auch equine virale Arteritis (EVA) ist eine Viruserkrankung bei Pferden, Eseln und Zebras, die vor allem in Europa und den USA auftritt. Man nennt sie auch „Pferdestaupe“ oder „Rotlaufseuche“. Das Virus schädigt die Blutgefäße der Stute, auch die des Uterus. Dadurch kommt es zu einer reduzierten Durchblutung und einer Unterversorgung der Plazenta. Das hat zur Folge, dass die Plazenta weniger Gelbkörperhormon bildet und zudem der Fetus nicht mehr genügend mit Sauerstoff versorgt wird. Dies kann zur Geburt lebensschwacher Fohlen oder auch zum Absterben des Fetus und schließlich zum Abort führen. Anders als bei einer Herpesvirusinfektion treten Aborte meist sporadisch und nicht seuchenhaft auf. Die Übertragung des Virus erfolgt entweder über die Nasenschleimhaut oder durch kontaminiertes Sperma beim Deckakt bzw. bei der Besamung.


Bakterielle Aborte

Bakteriell bedingte Aborte treten überwiegend sporadisch auf. Sie können in jeder Phase der Trächtigkeit vorkommen, jedoch häufiger in der frühen oder mittleren Trächtigkeitsphase. Gründe für diese Form des Aborts sind Bakterien, die über den Gebärmutterhals in den Uterus aufsteigen und anschließend entweder eine akute oder eine chronische Entzündung der Plazenta hervorrufen. Nur selten gelangen die Keime auf dem Blutweg in die Gebärmutter.
Teilweise kündigt sich ein Abort durch eitrigen Scheidenausfluss, Fieber, vorzeitiges Aufeutern oder kolikartige Symptome an.
Die häufigsten Bakterien, die zu Aborten führen können, sind
•    ß-hämolysierende Streptokokken
•    Escherichia coli
•    Pseudomonaden
•    Klebsiellen
•    Leptospiren
•    Staphylokokken
•    Chlamydien

Besteht der Verdacht auf einen drohenden, bakteriell bedingten Abort, ist die Stute sofort mit Antibiotika zu behandeln, dazu muss sie isoliert aufgestallt werden. Zusätzlich sollte ein entzündungshemmendes Mittel (nichtsteroidales Antiphlogistikum, kurz NSAID) gegeben werden. Weiterhin kann durch die Gabe von Gestagenen versucht werden, den drohenden Abort zu verhindern, der Fetus ist dann in regelmäßigen Abständen zu untersuchen.

Gebärmutterschleimhautentzündung (Endometritis)

Ein weiterer Grund für einen frühen Fruchttod kann eine Gebärmutterschleimhautentzündung (Endometritis) sein, ebenfalls häufig ausgelöst durch Bakterien, vor allem durch Streptokokkus zooepidemicus oder Escherichia coli.
Die Bakterien können während des Deckakts vom Hengst auf die Stute übertragen werden, daher spricht man auch von „post breeding induced endometritis“, kurz: PBIE. Um eine Infektion beim Deckakt zu vermeiden, empfiehlt es sich, vor der Besamung beide Partner auf einen möglichen Bakterienbefall hin zu untersuchen. Liegt eine Endometriose bei der Stute vor, kann sie mit Gebärmutterspülungen (mit physiologischer Kochsalzlösung), kontrahierenden Medikamenten oder Antibiotika behandelt werden.

Nicht infektiöse Abortursachen

Zu den häufigsten nicht infektiösen Abortursachen zählen

  • genetische Defekte 
  • nicht diagnostizierte Zwillingsträchtigkeit
  • Umschlingungen der Nabelschnur
  • Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut
  • Störungen der Plazentafunktion
  • schwere Allgemeinerkrankungen
  • schwere Mangelernährung sowie 
  • Stress

Nach Möglichkeit sollte versucht werden, die Ursache des Aborts aufzuklären. Dazu ist es empfehlenswert, sowohl die Stute, den Fetus sowie die Plazenta nachträglich untersuchen zu lassen. Beim Fetus ist auf den Entwicklungszustand und auf mit bloßem Auge sichtbare Veränderungen zu achten. Bei der Plazenta ist vor allem auf Anzeichen einer Entzündung (Plazentitis) und auf die Ausbildung bzw. die Veränderung der Verbindungszotten zwischen fetalen und maternalen Eihäuten zu achten.
Für eine genauere bakteriologische Untersuchung sollten Fetus und Plazenta so schnell wie möglich gekühlt an ein entsprechendes Labor geschickt werden.

Eihautwassersucht

Eine eher seltene Störung in der zweiten Hälfte der Trächtigkeit ist die Eihautwassersucht, eine krankhafte Vermehrung der Fruchtwässer innerhalb weniger Tage oder Wochen, wodurch der Bauchumfang der Stute erheblich zunimmt. Dabei ist auch ihr Allgemeinbefinden gestört und sie zeigt Atem- und Kreislaufbeschwerden. Tritt eine Eihautwassersucht auf, muss die Trächtigkeit beendet werden. Dazu verabreicht der Tierarzt bei gleichzeitiger Kreislaufunterstützung Oxytocin als Infusion und weitet manuell den Muttermund.

Tipp:
Grundsätzlich gilt es, trächtige Stuten vor jeglichem Stress zu schützen, wie ihn etwa Fütterungsmängel, saisonale oder klimatische Einflüsse, Transporte oder Umstallungen verursachen können.

Allgemeine Quellen
Ahlswede, L.: Leitfaden für die Pferdezucht, Intervet Deutschland GmbH 2011

Tierklinik Leimental: Trächtigkeitsdauer:
https://www.tierklinik-leimental.ch/wissen/tr%C3%A4chtigkeitsdauer-1/

Roszinsky, M. et al.: So wird Ihre Stute tragend, Rheinlands Reiter + Pferde zucht.spezial, Rheinischer Landwirtschafts-Verlag GmbH 2011

Ludwig-Maximilians-Universität München, Klinik für Pferde:
Sie haben eine trächtige Stute? Was Sie in dieser Zeit beachten sollten
https://www.pferd.vetmed.uni-muenchen.de/download/aktuelles_gyn_1014.pdf

Friedrich-Loeffler-Institut: Nationales Referenzlabor für Equine Virale Arteritis (EVA)
https://www.fli.de/de/institute/institut-fuer-virusdiagnostik-ivd/referenzlabore/nrl-fuer-eva/
Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV (Schweiz): Equine Arteritis
https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/tiere/tierseuchen/uebersicht-seuchen/alle-tierseuchen/equine-arteritis.html

Bollwein, H.: Störungen der Trächtigkeit. In: Aurich, C.: Reproduktionsmedizin beim Pferd, Parey 2005