Infektion Wirtszelle
Viren können sich nicht aus eigener Kraft replizieren, sondern benötigen dafür eine Wirtszelle. Um in diese einzudringen, bedarf es spezifischer Rezeptoren auf der Zellmembran der Wirtszelle. Deswegen werden meist nicht alle Zelltypen von einem Virus befallen, sondern nur Zellen bestimmter Gewebetypen, die die passenden Rezeptoren auf ihrer Oberfläche tragen. Das Virus besitzt für diese Zellen eine höhere Affinität.
Influenza A-Viren verfügen über eine erhöhte Affinität zu Zellen des Respirationstraktes, insbesondere den Zilien tragenden Zellen. Als Rezeptor dienen dem Virus an Membranglykoproteine und –glykolipide gebundene Sialinsäurereste. Die Anbindung (Adsorption) des Virus an die Zelle erfolgt mit Hilfe des Oberflächenantigens Hämagglutinin (H). Es bildet sich eine Einstülpung in die Zelle, in der das Viruspartikel liegt (Endozytose).
Dann kommt es auf Grund eines mild sauren pH-Wertes (ca. 5,5) zu einer irreversiblen Konfirmationsänderung des Hämagglutinins, was wiederum das Eindringen in die Zelle im Rahmen der Endozytose mit anschließender Fusion der Virushülle mit Endosomenmembranen und die Freisetzung des Nukleoproteinkomplexes zur Folge hat (Bullough et al. 1994, Hay 1998). Stoffe, die den endosomalen pH erhöhen, verhindern die Fusion und damit die Infektion.
Gleichzeitig mit der Fusion gelangen Protonen über den vom M2-Matrixprotein gebildeten Ionenkanal in das Virion, wodurch das so genannte Uncoating des Virus ermöglicht wird, bei dem das Virus seine Hülle abstreift. Anschließend werden die Virus-RNA (vRNA) sowie viruseigene Polymerasen durch nukleäre Poren in den Zellkern der Wirtszelle transportiert, wo die Transkription und damit die Replikation mehrerer Hundert Virusgenome stattfindet.
Anschließend verlassen die neu gebildeten Nukleokapside den Zellkern und lagern sich ebenso wie die von den Ribosomen synthetisierten Virusproteine an der Zellmembran an. Hier erfolgt der „Zusammenbau“ der neuen Virionen. Dabei sammeln sich die virusspezifischen Glykoproteine (Oberflächenantigene) an der äußeren Zellmembran an und werden im Viruspartikel mit ihrem hydrophoben Ende in der Lipiddoppelmembran verankert. Die freien Enden ragen dagegen wie Stacheln in die Interzellularräume oder in das Lumen des Atmungstrakts hinein. Es entsteht eine stachelig aussehende Vorwölbung in der Zellmembran. Daraus schnüren sich Knospen ab, die fertigen Viruspartikel, die vollständig mit der ehemaligen Zellmembran umhüllt sind.
Bei der Freisetzung der Viruspartikel kommt der Neuraminidase eine wichtige Bedeutung zu. Sie sorgt für die Ablösung der Viruspartikel durch die Spaltung der sialinsäurehaltigen Rezeptoren. Die virusinfizierte Zelle geht durch die Virusreplikation langsam apoptotisch zu Grunde. Die Folge ist eine starke Beeinträchtigung der Reinigungsfunktion (mukoziliäre Clearence) und der Abwehr von Krankheitserregern, wodurch es häufig zu bakteriellen Sekundärinfektionen kommt.
Wird diese Funktion, z.B. durch Neuraminidasehemmer blockiert, wird die Ausbreitung der Infektion im Organismus behindert, die Erkrankung gemildert und/oder verkürzt oder bei prophylaktischer Anwendung sogar ganz verhindert (Lange 2007). Außerdem gibt es Anzeichen dafür, dass die Neuraminidase auch für die Infektiosität des Virus mitverantwortlich ist bzw. seine Virulenz verstärkt. Darüber hinaus inaktiviert die Neuraminidase die im Respirationstrakt befindlichen Muzine, die wiederum die Aktivität des Hämagglutinins hemmen (Daly 2007).
Die sehr große Replikationsrate des Influenzaviren sorgt für eine Überschwemmung des Atmungstraktes und für die rasante Ausbreitung der Infektion. Durch virusbedingte Schädigung des Gefäßendothelien kann es, insbesondere bei immungeschwächten Tieren, zu einer systemischen Infektion kommen.