Antigendrift
Durch die schrittweise Häufung von Einzelbasenmutationen auf Grund von mehreren Punktmutationen an den für die beiden Oberflächenantigene Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) codierenden Genen kommt es bei der Antigendrift zu Änderungen in der Aminosäuresequenz des Moleküls. Dadurch entstehen vor allem aus Pferdeinfluenzaviren vom Typ A/equi 2 immunologisch und klinisch besonders bedeutende Varianten dieser beiden Oberflächenantigene. Durch die damit einhergehenden Veränderungen der Oberflächenstruktur kann die durch natürliche Infektion oder Impfungen erworbene Immunität der Tiere dann nicht mehr ausreichen, um die durch Antigendrift veränderten Virusstämme zu neutralisieren.
Dies gilt insbesondere für das zur Virusneutralisation erforderliche Hämagglutinin. Die Mutationsrate wird mit 6,3 x 10-3 pro Jahr angegeben (Engels 2006). Der Wachstumsvorteil gedrifteter Viren ist innerhalb einer Pferdepopulation, die gegenüber früheren Infektionen oder über Impfungen eine Immunität besitzt, umso größer, je weiter sie sich von den Vorläuferviren oder den Impfstoffantigenen entfernt haben. Dies trifft bei den neuen Isolaten des Subtyps A/equi 2 zu. Sie haben sich durch Antigendrift sehr weit von dem in Miami im Jahr 1963 entdeckten „Prototypen“ A/equi 2/Miami/1/63 entfernt, so dass keine serologischen Kreuzreaktionen zwischen dem alten Prototyp und den neuen, gedrifteten Varianten nachweisbar sind. Entsprechend sind Infektionsausbrüche, Enzootien und Epizootien präventiv nur durch die Verwendung von neuen, gedrifteten A2-Varianten bei der jeweils aktuellen Impfstoffherstellung zu verhindern (Thein 2006).
Jedoch ist die Drift der Influenza A-Viren kein lokales Geschehen, sondern tritt in vivo ständig überall dort auf, wo Influenzaviren von infizierten Zellen vermehrt werden. Aus der Vielzahl der entstehenden Mutanten werden diejenigen durch das Immunsystem selektiert, die von der vorhandenen Immunität nicht mehr gehemmt werden können. Die neutralisierbaren Varianten werden unterdrückt. Neben den vom Immunsystem erkannten Mutationen gibt es aber auch neutrale, unerkannte Veränderungen, die sich weder epidemiologisch noch klinisch auswirken (Daly 2007).
Antigendrift ist auch bei der Vermehrung von Influenzaviren in embryonierten Hühnereiern zu beobachten. Dies kann dazu führen, dass im Labor gehaltene und vermehrte Virusstämme sich von den Ausgangsstämmen entfernen. Daher müssen mit Referenzaufgaben betraute Labors und Impfstoffhersteller die Übereinstimmung der erzeugten Nachkommengenerationen mit dem Ursprungsstamm regelmäßig besonders sorgsam prüfen (Daly 2007).